Intelligente Maschinenkopplungspart Energie
Für die INTERSPORT Deutschland eG hat die S+P Ingenieure AG Sedlacek auf der Basis eines Energiegutachtens zwei Blockheizkraftwerke mit nachgeschalteter Absorptionskälteanlage geplant und bei laufendem Veranstaltungsprogramm realisiert
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nur 80 Prozent des von den Blockheizkraftwerken (BHKW) erzeugten Stroms werden direkt vor Ort verbraucht, rund 20 Prozent können Gewinn bringend in das öffentliche Netz eingespeist werden. Die bei der Stromerzeugung freiwerdende Abwärme wird im Winter zum Heizen genutzt, im Sommer zum Kühlen. Dreh-und Angelpunkt ist dabei eine Absorptionskältemaschine (AKM). Durch die intelligente Verbindung von BKHW und AKM werden jährlich circa 260 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Für die INTERSPORT Deutschland eG und ihre Genossenschaftsmitglieder reduzieren sich die Energieausgaben damit deutlich. Bei steigenden Strompreisen kann die Einsparung künftig noch um einiges höher ausfallen. Das schont die Kasse und gibt zudem das gute Gefühl, die Umwelt weniger zu belasten. Ganz abgesehen vom positiven Image als umweltbewusstes Unternehmen in der Öffentlichkeit.
Energiegutachten erstellt
Angestoßen wurde die Energieeinsparung bereits 2014. Mehrere Bauprojekte wurden Mitte des Jahres in die Wege geleitet, unter anderem der Neubau eines Hochregallagers. „Im Zuge dieser Baumaßnahmen wurde auch die Frage gestellt, wie sich das Gebäudeensemble der INTERSPORT gesamtenergetisch darstellt und welche Möglichkeiten es gibt, den Energieverbrauch insgesamt zu reduzieren“, sagt Dipl.-Ing. Dieter Sedlacek, Vorstandssprecher der S+P Ingenieure AG. Die Ingenieurgesellschaft erstellte daraufhin ein standortbezogenes Energiegutachten. „Wir haben dabei den gesamten Standort unter die Lupe genommen, die Jahresverbräuche und -verläufe jedes einzelnen Gebäudes analysiert und auch geprüft, welche Energieformen sinnvoll und wirtschaftlich genutzt werden können“, so Sedlacek. Erdwärme kam nach den Berechnungen der Ingenieure ebenso wenig in Frage wie Photovoltaik. Für die Nutzung von Sonnenenergie beispielsweise hätten die Dächer mit hohem Zusatzaufwand statisch gestärkt werden müssen, was sich bei gesunkener Einspeisevergütung auch langfristig nicht mehr gerechnet hätte.
Wärmebedarf im Sommer
Bei der Analyse haben die Ingenieure von Sedlacek festgestellt, dass auch im Sommer Wärmebedarf besteht. Als Ursache wurden die Klimaanlagen ausgemacht, die nach dem Entfeuchtungsprinzip arbeiten. Diese entfeuchten „schwüle“ Sommerluft in den Räumen, indem sie die Luft schockartig extrem abkühlen, sodass die Feuchte in der Luft kondensieren und abgeführt werden kann. Danach muss die dann trockene aber kalte Luft wieder auf angenehme Zimmertemperatur angewärmt werden.
So entwickelte sich schließlich ein Konzept, bei dem sich das jahrzehntelange Know-how von Sedlacek in der technischen Gebäudeausstattung und beim Energiemanagement für INTERSPORT auszahlte. Die Planung sah zwei unterschiedlich leistungsfähige, gasbetriebene Blockheizkraftwerke in Kombination mit einer Absorptionskälteanlage vor. „Für eine optimale Lösung kam es darauf an, die Anlagen so auszuwählen, dass sie in ihren technischen Ausführungen und in ihrer Leistungsbandbreite und -tiefe wie etwa bei der Regelgüte zueinander passen und sich hydraulisch problemlos miteinander verbinden lassen“, erklärt Dieter Sedlacek.
Strom für 570 Haushalte
Die Ingenieurgesellschaft verglich die Anlagen verschiedener Anbieter nach den gestellten Anforderungen und wählte entsprechend aus. Die beiden gasbetriebenen BKHWs sind so genannte Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), die die Energie von Erdgas über einen Motor und einen Generator in Strom und Wärme umwandeln. Zusammen erzeugen sie jährlich rund 2 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom. Dies entspricht einem Energiebedarf von rund 570 Durchschnittshaushalten. Mit 372 bzw. 177 Kilowatt Leistung laufen die beiden Anlagen parallel und werden je nach aktuellem Bedarf ausgelastet. In Schwachlastzeiten ist das kleinere BHKW gefordert, bei Starklastzeiten vor allem das größere oder beide gleichzeitig, sodass die beiden BHKWs aus energetischer Sicht auf einer energiesparenden Ideallinie gefahren werden können.
Die BHKWs erzeugen übers Jahr so viel Strom für INTERSPORT, dass rund 20 Prozent davon ins öffentliche Netz eingespeist werden können.
Weniger Strom bei gleicher Kälteleistung
Entscheidender ist, dass der Wert des von den BHKWs erzeugten Stroms die Gaskosten für den Betrieb der Anlagen um ein Mehrfaches übersteigt, sodass vermiedene Stromkosten einen deutlichen Einspareffekt erzielen. Hohe Stromkosten verursachen vor allem Beleuchtung, EDV und Kühlung. Durch die intelligente Kombination von BHKW und AKM ergeben sich zusätzliche Spareffekte.
Die bei der Stromerzeugung in den BHKWs anfallende Abwärme wird größtenteils für die Beheizung der INTERSPORT-Gebäude genutzt. Wenn im Sommer wenig Wärme zum Heizen benötigt wird, nutzt die Absorptionskälteanlage die Abwärme der BKHWs und erzeugt über einen speziellen Kreisprozess Kälte. Diese Kälte wird zum Kühlen des Gebäudes und für die Entfeuchtung der Luft genutzt. Die Absorptionskälteanlage reduziert dadurch den Stromverbrauch um rund 100 000 kWh im Jahr gegenüber einer konventionellen Kompressionskältemaschine mit gleicher Kälteleistung. Die Einsparung entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von fast 30 Durchschnittshaushalten.
Realisierung am „offenen Herzen“
Wirtschaftlich und vor allem auch aus Sicherheitsgründen sehr vorteilhaft sind die Anlagen hinter dem redblue direkt neben der gasbetriebenen Hauptversorgerstation der Heilbronner Versorgungsgesellschaft für die Böllinger Höfe mit kurzen Anschlusswegen platziert. Damit ist eine hohe Versorgungssicherheit gegeben. Kostengünstig konnten die Gebäude, in denen die Anlagen untergebracht sind, in Betonfertigbauweise realisiert werden.
Beim Bau galt es auch, eine Vielzahl an Komponenten wie Rohre, Pumpen, Ventile miteinander zu „verheiraten“ – und das quasi „am offenen Herzen“. Sämtliche Bau- und Umbaumaßnahmen mussten bei laufendem Veranstaltungsprogramm durchgeführt werden – eine Herausforderung, die eine zeitgenaue Eintaktung aller Arbeiten erforderlich machte.
Feintuning nach den ersten Erfahrungen
Trotz dieser Einschränkung vergingen von den ersten Planungen bis zur Inbetriebnahme nur rund acht Monate. Ende November 2016 sind die BHKWs in Betrieb gegangen, die Absorptionskältemaschine im April 2017. Die rund 1 Million teure Investition wird sich für INTERSPORT nach Wirtschaftlichkeitsberechnungen in rund vier Jahren amortisieren, eventuell aber auch schon früher, je nachdem, wie sich die Energiepreise entwickeln. Sicher ist schon jetzt, dass der Stromverbrauch für Heizung und Kühlung sehr deutlich gesunken ist und INTERSPORT die Energiesteuer auf Erdgas für den Betrieb der KWK-Anlagen zurückerstattet bekommt.
Interview mit Thomas Rank, kaufmännischer Leiter INTERSPORT Deutschland eG
Sehr geehrter Herr Rank, zwei Blockheizkraftwerke und eine Absorptionskältemaschine – rechnet sich das für die INTERSPORT?
Bei einer ganzheitlichen Betrachtung – ja! Durch unseren intensiven Messebetrieb haben wir einen hohen Kältebedarf. Allein schon von daher rechnen sich die BHKWs. Hinzu kommt, dass wir insgesamt unseren Energiebedarf minimieren wollen. Und im Hinblick auf weitere Maßnahmen können wir mit den BHKWs und der AKM unsere Ökobilanz weiter deutlich verbessern.
Wie war die Zusammenarbeit mit sedlacek Ingenieure?
Die Zusammenarbeit hat sich sehr positiv gestaltet. Wir waren ständig im Dialog miteinander und in den Gesprächen sind immer wieder neue Ideen gekommen, geplante Maßnahmen noch zu verbessern. Die erstellten Konzepte wurden immer wieder hinterfragt und in den Vergabegesprächen mit Vertretern der Gewerke haben sich oft Ansätze für weitere Optimierungen ergeben. So hatten wir am Ende immer die beste Lösung und auch der Kostenrahmen konnte sehr gut eingehalten werden.
Mit den BHKWs erzeugen Sie mehr Strom als Sie benötigen. Wie verbessert sich dadurch der ökologische Fußabdruck für INTERSPORT?
Wir sparen voraussichtlich rund 260 Tonnen Kohlendioxid ein. Das ist schon beachtlich und wir freuen uns natürlich, dadurch die Umwelt zu entlasten. Aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Im Rahmen des Projekts haben wir eine ganze Reihe „Energiefresser“ ausgemacht, denen wir nach und nach zu Leibe rücken. Wobei es nicht immer einfach ist, die Balance zwischen ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar zu halten.
Welche Rolle spielen die BHKWs und die AKM für zukünftige Maßnahmen?
Bei weiteren Maßnahmen binden wir die BHKWs und die AKM selbstverständlich mit ein. Wobei wir jetzt erst einmal abwarten müssen, wie sich die Anlagen bewähren und welche Ergebnisse wir konkret erzielen. Diese sind dann eine gute Grundlage für weitere Projekte.
Bleibt die Ingenieurgesellschaft Sedlacek mit im Boot?
Wie heißt es so schön: Never change a winning team! Es gibt keinen Grund auf das Fachwissen sowie die Kreativität und Flexibilität von sedlacek Ingenieure zu verzichten.
INTERSPORT
Die INTERSPORT Deutschland eG mit
ihrem Stammsitz in Heilbronn – vor über 55 Jahren von Sportfachhändlern
gegründet – ist die größte mittelständische Verbundgruppe im deutschen
und europäischen Sportfachhandel. Rund 1.000 Mitglieder dieser
Verbundgruppe betreiben mehr als 1.500 Fachgeschäfte in Deutschland und
erwirtschaften einen Umsatz von rund 3 Milliarden Euro (2016). Sie ist
damit die erfolgreichste mittelständische Verbundgruppe im
Sportfachhandel in Deutschland.
INTERSPORT setzt beim Sortiment auf die klassischen und weltbekannten
Marken der globalen Sportartikel- und Sportmodebranche wie NIKE oder
ADIDAS, bietet aber auch exklusive Eigenmarken wie MCKINLEY
(Outdoor-Ausrüstung rund um Trekking und Camping), etirel (trendige
Freizeitmode und sportliche Styles wie die passende Bademode für heiße
Sommertage), FIRELY (kreativ gestaltete Skateboards und die dazu
passenden Freizeitoutfits) oder PRO TOUCH (INTERSPORT-Exklusivmarke).
INTERSPORT hat 1968 die INTERSPORT International Corporation mit Sitz in
Bern in der Schweiz mit aus der Taufe gehoben. Heute ist die IIC die
weltweit größte und erfolgreichste Gemeinschaft selbstständiger
Sportfachhändler. Sie ist mit rund 5.800 Fachgeschäften in 60 Ländern
vertreten und erzielt inklusive „The Athlete‘s Foot“ jährlich einen
Umsatz von 11,34 Milliarden EUR.
Energie- und Umweltausschuss der IHK Heilbronn-Franken
Im Rahmen der Energiewende und den damit verbundenen begrenzten
Laufzeiten der Kernkraftwerke, die in Baden-Württemberg einen Anteil von
22 Prozent an der Energieversorgung haben, beschäftigten sich die
Industrie- und Handelskammern mit der Sicherung der Versorgung, die vor
allem für den Industriestandort Baden-Württemberg eine entscheidende
Bedeutung haben.
Unter anderem wurden 12 regionale Kompetenzstellen ab 2015 eingerichtet,
die im „Landesweiten Netzwerk Energieeffizienz“ zusammengefasst sind.
Ziel ist die Steigerung der Energieeffizienz in den Unternehmen, um so
die angestrebte Energiewende zu erleichtern. Zudem wurde der Energie-
und Umweltausschuss der IHK Heilbronn-Franken gegründet, der mit
kompetenten Unternehmern besetzt, die Arbeit der IHK unterstützt.
Sabine Sedlacek-Vogel ist stellvertretende Vorsitzende dieses
Ausschusses. Der Ausschuss trifft sich regelmäßig und bereitet unter
anderem einschlägige Positionspapiere vor, die dann der Vollversammlung
zur Abstimmung vorgelegt werden.
Der Ausschuss berät die entsprechenden Stellen der IHK und bildet die
Jury für die Energieeffizienz-Projekte der IHK. Diese Projekte werden in
den Unternehmen von EnergyScouts, einer bundesweiten IHK-Initiative,
durchgeführt. Die besten Projekte werden dann in einer Präsentation der
Jury vorgestellt und prämiert.
Was bedeutet: AKM?
AKM steht für „Absorptionskältemaschine“. Bei dieser Art von
Kältemaschine wird ein Kältemittel nicht durch Druck, sondern durch eine
temperaturbeeinflusste Lösung verdichtet. Die Technik nutzt dabei die
unterschiedliche physikalische Löslichkeit zweier Stoffe wie Ammoniak
(Kältemittel) und Wasser oder Lithiumbromid und Wasser (Kältemittel).
Über Kraft-Wärme-Kopplung nutzen AKM die Abwärme von Motoren,
Gasturbinen, Blockheizkraftwerken oder auch Fernwärme zur
Kaltwassererzeugung – vor allem im Sommer, wenn Wärme als
„Abfallprodukt“ entsteht.
In der Absorptionskältemaschine werden zunächst bei niedrigem Druck das
Kältemittel und das Lösungsmittel voneinander getrennt. Dazu sind hohe
Temperaturen erforderlich, die beispielsweise vom BHKW geliefert werden.
Im zweiten Schritt wird das Kältemittel durch Wärmeentzug wieder
verflüssigt, damit es in reiner Form weiterverwendet werden kann.
Das flüssige Kältemittel wird dann in einen Verdampfer geleitet. Hier
herrscht niedriger Druck, unter dem das Kältemittel bereits bei sehr
niedrigen Temperaturen (5 – 15°C) verdampft. Bei diesem Prozess wird
Kälte frei, die für Klimaanlagen, Kühlräume, zum Kühlen von Prozesswärme
usw. genutzt werden kann. Der Kältemitteldampf fließt in einen Absorber
und mischt sich wieder mit dem Lösungsmittel. Der Kreislauf kann von
vorne beginnen.