Intelligentes Energiemanagementsystem nutzt Optimierungspotenziale und senkt Energieverbrauch
Für das neue Produktions- und Logistikzentrum der GEMÜ Gebr. Müller Apparatebau GmbH & Co. KG am Standort Waldenburg hat das Heilbronner Ingenieurbüro S+P Ingenieure AG (sedlacek) die komplette technische Gebäudeausrüstung geplant und realisiert. Dabei wurden sämtliche Gewerke berücksichtigt, von Heizung, Lüftung, Klima, Kälte über Druckluft, Entwässerung und Trinkwassersystem bis hin zu Elektrotechnik und Sicherheitstechnik. „Ziel war eine saubere, energieeffiziente, umweltschonende Produktion“, sagt Vorstandsvorsitzender Dieter Sedlacek.
Blockheizkraftwerk als Ersatzaggregat
So sind beispielsweise die Kompressoren für die über zwei Netzwerke gesteuerte Druckluft mit Wasserschmierung ausgelegt. Dadurch wird eine ölfreie Produktion sichergestellt. Ein mit Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) ist mit dem Heizkessel gekoppelt und übernimmt die Vorerwärmung des Warmwasserkreislaufs. Das BHKW liefert rund 20 Prozent der benötigten Energie. Damit sind die Anforderungen des EE-Wärmegesetzes, das 15 Prozent des Energiebedarfs aus Erneuerbaren Energien vorschreibt, erfüllt. „Weitere Kompensationsmaßnahmen wie etwa über Photovoltaik oder Nutzung von Erdwärme waren nicht notwendig. Durch das Blockheizkraftwerk konnten wir darüber hinaus auf eine kostenintensive Bodendämmung verzichten“, erläutert Dieter Sedlacek. Das BHKW dient gleichzeitig als Netzersatzaggregat zur Notstromversorgung für kritische EDV-Komponenten. Bereits nach den ersten Betriebsmonaten zeigt sich: Die Investition in das BHKW wird sich in drei bis vier Jahren amortisiert haben.
Heizung ohne Heizkörper
Sehr intensiv haben sich die Heilbronner Ingenieure mit den Energiesystemen auseinandergesetzt. Für das neue Produktions- und Logistikzentrum von GEMÜ war die Vorgabe, ein für die Unternehmensgruppe beispielgebendes Energiemanagementsystem zu installieren und den gesamten Gebäudekomplex energieeffizient zu konzipieren. So ist die Industrieflächenheizung im Hallenboden auf eine niedrige, energiesparende Systemtemperatur mit niedriger Vorlauftemperatur ausgelegt. Für die Fußbodenheizung wird die in der Produktion anfallende Prozesswärme ebenso genutzt wie die Restleistung aus dem Kühlsystem. Das Gebäude kommt dadurch ohne Heizkörper aus und kann mit vergleichsweise geringem Energieaufwand auf gleichbleibender Temperatur gehalten werden.
Übergreifende Regelstrategie liefert bedarfsgerechte Versorgung
Kernstück des Energiemanagementsystems ist eine ausgeklügelte Mess- und Regeltechnik. „Ausgehend von einem Energieausweis für das Gebäude haben wir ein gebäudespezifisches Messkonzept erstellt und der Steuerung bedarfsgerechte Energieeffizienzprogramme hinterlegt“, sagt der Planer. Eine übergreifende Regelstrategie liefert nach Bedarf Kälte, Wärme und Luft dort, wo sie gebraucht werden, in genau den Mengen bzw. genau den Temperaturen, die benötigt werden. Die Belüftung der Büros und der Produktion ist vollautomatisch gesteuert. Auch Dachöffnungen und Lichtkuppeln sind in das Konzept eingebunden.
„Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und haben deshalb auch sämtliche Einzelanlagen mit den Messeinrichtungen vernetzt und an die zentrale Steuerung angeschlossen“, sagt Dieter Sedlacek. Die S+P Ingenieure AG zeichnet sich dadurch aus, dass sie bei ihren Planungen die komplette Technik im Blick hat. „Insellösungen kommen für uns nicht in Frage und können aus unserer Sicht auch nicht im Sinne der Kunden sein“, erklärt der Vorstandsvorsitzende.
Flexible Anpassungen jederzeit möglich
Auf der Feldebene sind Maschinen, Geräte und andere elektrotechnische Komponenten über ein KNX-EIB-Bussystem vernetzt. Aktoren und Sensoren mit hoher Portdichte senken den anteiligen Stromverbrauch pro geschalteter oder überwachter Funktion. Je nachdem, wie sich die Umweltbedingungen verändern, können die hinterlegten Programme entsprechend modifiziert werden. Während der Bauphase gab es immer wieder Anpassungen bei den Anwendungen. „Das ist ein permanenter Prozess. Selbst kurz vor dem Einzug gab es noch die eine oder andere Idee, die wir dann noch aktuell ganz flexibel berücksichtigt haben“, so der Planer.
Umfassende Kontrolle sichergestellt
Auf der Versorgungsebene koppelt ein BACnet-Protokoll die Automationsebene mit der Managementebene und sichert eine schnittstellenübergreifende Regelung und Steuerung. Über die Gebäudeleittechnik lassen sich sämtliche Betriebszustände zu jedem Zeitpunkt verfolgen – auch mobil. Eine anwendungsspezifische App bietet eine komfortable Kontrolle der Anlagen, von Druckluft bis zur Raumtemperatur. Ebenso sind auch Störmeldungen über die App abrufbar. „So kann der Betrieb von überall kontrolliert und es kann jederzeit in das Betriebsgeschehen eingegriffen werden“, erläutert Dieter Sedlacek.
20 Prozent Energie eingespart
Besonderes Augenmerk lag auf der Ausgestaltung der Sicherheitstechnik mit Brandmelde- und Einbruchmeldeanlage, Sicherheitsbeleuchtung und Blitzschutz mit Erdungsanlage. Eine indirekte freie Kühlung koppelt die Humankälte mit der Verfahrenskälte. So ist unter anderem das Laserbearbeitungszentrum an die Kühlung angeschlossen. Außenluftgekühlt kommen die Kältemaschinen zu 80 Prozent ohne Energie fressende Kompressoren aus. Insgesamt reduziert die energieeffiziente Gebäudetechnik bei GEMÜ den Energieverbrauch um rund 20 Prozent, unterm Strich eine knapp sechsstellige Summe. „Allein bei der freien Kühlung werden jährlich rund 5.000 Euro an Energiekosten eingespart“, rechnet Dieter Sedlacek vor. Die Resonanz bei GEMÜ ist sehr gut. Die Anlagen laufen stabil, der Komfort ist hoch, die Temperaturen schwanken nur minimal und sind an die Außenverhältnisse angepasst.
Kosten unterschritten
Was den Weltmarktführer bei sterilen Anwendungen in der Mess-, Steuer- und Regeltechnik besonders freut: Die Kosten für die Gebäudetechnik wurden eingehalten und sogar leicht unterschritten. „Wir haben bei der Planung insbesondere auch regionale Anbieter berücksichtigt. Das hat vor allem die Logistikkosten gesenkt. So konnten wir den vorgegebenen Kostenrahmen unterschreiten“, sagt Dieter Sedlacek. Ein weiterer Vorteil für GEMÜ: Tanja Wohlfahrt hat im Rahmen einer Bachelor-Arbeit im Studiengang Energiemanagement an der Hochschule Heilbronn, Campus Künzelsau, in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro und betreut von Dieter Sedlacek einen Leitfaden für die Einführung eines Energiemanagementsystems für GEMÜ erarbeitet. Der Leitfaden ist nun eine gute Grundlage, auch in den anderen Werken des Ventilspezialisten ein Energiemanagementsystem einzuführen.
Das Leistungsspektrum von sedlacek
- Planung und Realisierung der kompletten technischen Gebäudeausrüstung
- Aufbau eines Energiemanagementsystems
- Integration sämtlicher Gewerke, von Heizung, Lüftung, Kälte über Druckluft, Entwässerung und Trinwassersystem bis hin zu Elektrotechnik und Sicherheitstechnik
- Erstellung eines Energieausweises
- Ausstattung mit KNX-EIB-Bussystem
- Integration des BACnet-Protokolls
- Betriebsdatenerfassung
- Entwicklung einer schnittstellenübergreifenden, ganzheitlichen Regelstrategie
- Programmierung der Steuermodule und der Gebäudeleittechnik
- Entwicklung einer App für die mobile Kontrolle und Steuerung der Systeme
- Ganzheitliche Planung bis hin zum Grundwassermanagement
- Koordination der Anbieter und Lieferanten
- Datensicherung und -pflege
- Installation umfangreicher Analysewerkzeuge
Das Produktions- und Logistikzentrum von GEMÜ im Gewerbepark Hohenlohe